Heroinspaziert zu meinem jämmerlichen Jahresrückblick von jenseits des Äquators. Die Zeit für riesige Reflexionen und melancholische Erinnerungen ist noch nicht gekommen, keine Sorge. Auf der Arbeit und im öffentlichen Leben ist der große Sommer- und Weihnachtsurlaub aber schon eingezogen. Kein Wunder bei der Hitze. Mit den 35 Grad im Schatten komme ich gut zurecht, vor allem weil es so trocken ist.

Die Sonne dagegen gilt es unbedingt zu meiden. Ich spüre regelrecht wie sie meine helle Haut verbrutzelt, selbst mit ausgeklügeltem Abwehrsystem aus Hut, Sonnencreme und langen Klamotten. Aber es hat auch eine gute Seite, der Solarofen auf der Arbeit wird jetzt jeden Tag benutzt und so habe ich immer einen heißen Snack in der Mittagspause. Es ist kein Parabolspiegel und keine komplizierte Konstruktion. Einfach eine Box mit einer Glasscheibe. Da drin heizt es sich dann auf 120 Grad auf, innerhalb von 10 Minuten in der „Mikrowelle“ ist mein mitgebrachtes Mittagessen so verzehrfertig.

Viele verlassen jetzt Windhoek und gehen zu ihren Familien in den Norden. Die von mir vielbesuchten Veranstaltungen hatten teilweise schon ihr fantastisches Finale, wie zum Beispiel die Dragnight. Ein letztes mal dieses Jahr bin ich dorthin aufgebrochen um eine sensationelle Show zu genießen. Auch zu Ende ist das europäische Filmfestival, bei dem jeden Mittwoch ein europäischer Kurzfilm, eine namibische Eigenproduktion und edle Erfrischungsgetränke präsentiert werden. Das erste mal melancholisch wurde ich auf der Zugparty letztes Wochenende. Es war ja die zweite Auflage. Ein Passagierzug fährt zu einer abgelegenen Farm, bei der es dann Spiel, Spaß, Spannung und Speisen gibt. Die Zugfahrt an sich ist aber schon das absolute Highlight. Viele bekannte Gesichter habe ich dort das letzte mal für dieses Jahr gesehen, dementsprechend ausgelassen war die Stimmung. Obwohl ich mich da jetzt schon routinierter und sicherer fühle, lernt man immer noch etwas dazu. Eine Freundin hat mir das international anerkannt Handzeichen für Namibia erklärt. Man streckt die Finger der rechten Hand alle senkrecht nach unten und den Daumen parallel zum Boden. Der Daumen ist dann der Sambesi-Streifen oben im Norden. Den Zeigefinger winkelt man noch an – schon hat man den Umriss Namibias mit der eigenen Hand geformt. Windhuk ist dann ca. auf dem Knöchel des Mittelfingers. Schreibt gerne in die Kommentare was das (politisch korrekte) internationale Handzeichen für Deutschland sein sollte!

Natürlich ist die Arbeit bei EBikes4Africa immer noch ein großes Thema, ich verbringe dort schließlich, mit Pausen, 45 Stunden pro Woche. Neuestes Projekt ist das Kalahari Bush Bike. Mittlerweile ist das auch kein push Bike mehr sondern fährt selbst! Das kleine Elektro „Moped“ soll vor allem Farmer ansprechen, die so nachhaltiger als mit dem großen Auto oder whatever, Runden auf ihren Farmen drehen können um alle Tore zu schließen und nach dem Rechten zu sehen. Außerdem hat auch eine Anti-Poaching Unit, also eine Organisation, die sich gegen Wilderei und illegale Jagd einsetzt, schon Interesse bekundet.

Mein Highlight der letzten Wochen ist allerdings mein Kollege Thomas. Wir sind wirklich unwahrscheinliche Freunde, wir haben nur unser Alter gemein, und das dafür auf den Monat genau. Er ist Herero , auf einer Farm im Norden aufgewachsen und eine sehr umsichtige Persönlichkeit. Einmal bin ich zum Beispiel mit schmutzigen Händen auf die Arbeit gekommen, weil meine Gangschaltung des neuen Rades nicht richtig eingestellt war und die Kette dann runtergesprungen ist. Ich wollte mich dann in der Mittagspause darum kümmern, aber Thomas meinte, dass hat er doch schon längst gemacht für seinen Freund <3. Auf jeden Fall hatte Thomas dann letzte Woche Geburtstag und wir haben mit Kuchen und Musik ein bisschen gefeiert. Zu guter Letzt noch etwas, dass mir schon länger aufgefallen ist. Ich gehöre ja zu einer Familie der Viel- und Laut-Nieser. Und mein Erbe bereitet mir hier Kopfzerbrechen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit einem Niesen nicht wie in Deutschland umgeht und möglichst schnell und immer jedem sehr laut „Gesundheit“ wünscht. Hier versucht man eher dezent und garnicht zu niesen, aber das funktioniert bei mir sicher nicht. Wenn dann doch mal ein Nieser rausrutscht ist das eher unangenehm für alle und wird ignoriert. Manchmal wünscht man sich auch selbst Gesundheit. Dass ich so oft und laut Niese ist besonders auf der Arbeit schon bekannt, und ich habe auch allen versprochen, dass es mir wirklich gut geht, es nicht ansteckend (sondern genetisch) ist und ich auch keine Allergie habe. Diese und nächste Woche verteile ich meine Nieser auf der Arbeit, ab dem 16. Dezember geht dann auch für mich der Weihnachtsmarkt- /Sommerurlaub los und die Reise nach Südafrika. Weihnachtsstimmung kam noch nicht auf, obwohl schon fleißig Plätzchen gebacken wurden und vieles in der Stadt dekoriert ist.
In diesem Sinne viel Gesundheit und Tschüsli Müsli
Euer Lukas
2 Kommentare
Bitte nicht in der Küche niesen
Lege Fingerspitzen und Daumen aufeinander, bilde ein Dreieck und halte dieses
an deinen Bauch.